Im Angesicht des seit nunmehr über einem Jahr anhaltenden Handelskonflikts zwischen China und den USA, stellt sich die Frage nach der Reaktion der durch die Zölle betroffenen Unternehmen. Trump warb vor wenigen Tagen in einem seiner Tweets dafür, dass amerikanische Unternehmen nach Alternativen zum chinesischen Markt suchen sollen und vor allen Dingen ihre Produktion zurück „nach Hause“ verlagern sollen.

Insbesondere Tech-Unternehmen scheinen jedoch von einem anderen Tweet Trumps zum Verlassen des chinesischen Marktes angehalten. Trump twitterte, dass er weitere Strafzölle nun auch auf Laptops, Handys und Spielzeuge ab September erlassen werde. Trotz der Verschiebung einiger Zölle auf Mitte Dezember, um das Weihnachtsgeschäft zu entlasten, sehen sich viele amerikanische Unternehmen mit steigenden Kosten konfrontiert und wollen frühzeitig planen.

Laut Nikkei Asian Review haben mehr als 50 Unternehmen den Austritt aus dem chinesischen Markt angekündigt, darunter Apple, Nintendo und Dell, zahlreiche japanische Unternehmen, sowie Unternehmen aus anderen Ländern.

Ein ähnliches Ergebnis erhielt das Beratungsunternehmen QIMA, dessen Halbjahresumfrage ergab, dass 80% der befragten US-Unternehmen bereits mit der Suche nach neuen Standorten begonnen haben oder dies in naher Zukunft planen. Dies galt ebenfalls für 67% der befragten europäischen Unternehmen. Es scheint kein Wunder zu sein, denn ¾ der befragten US-Unternehmen gaben an, dass sie von den Zöllen des Handelskonflikts direkt betroffen seien. Die steigenden Kosten haben die größten (negativen) Auswirkungen auf das Geschäft, wobei EU-Unternehmen sind vom Handelskrieg weniger betroffen.

Ebenso bestätigt eine Umfrage der amerikanischen Handelskammer in China die Zahlen. In einer Umfrage vom Mai 2019 gaben rund 40% der 250 befragten Unternehmen an, dass sie „eine Verlagerung von Produktionsstätten außerhalb Chinas in Betracht ziehen oder vorgenommen haben“.

Die meisten Unternehmen ziehen sich jedoch nicht völlig aus China zurück, sondern verlagern nur einzelne Geschäftsbereiche. Apple bat beispielweise seine größten Lieferanten darum, 15-30% der Produktion außerhalb von China zu verlagern. Dies liegt vor allem an einer strategischen Entscheidung, die als „In China, for China“ betitelt wird. Der chinesische Konsumentenmarkt bietet großes Potenzial und die Unternehmen können es sich nicht erlauben, den direkten Zugang zu verlieren. So wird verstärkt darüber nachgedacht, die Produktion zu teilen und Güter für den US-Markt in andere Ländern auszugliedern, jedoch weiterhin in China für den Inlandmarkt zu produzieren.

Ein weiterer Trick der Unternehmen ist es, Komponenten für Produkte, die in China hergestellt werden in ein anderes Land zu verschiffen und sie dort „substantiell zu transformieren“. Das Endprodukt darf nun mit einem neuen Ursprungsland beschriftet werden und kann die entsprechenden Zölle umgehen. Der Vorteil ist, dass dadurch nur Lieferketten erweitert, aber keine Standorte aufgegeben werden müssen. Trotzdem ist nicht nur der Handelskonflikt für den Umzug von Unternehmen verantwortlich. China verliert auch auf eigenen Wunsch hin den Status der „Werkbank der Welt“, sodass viele ausländische, aber auch chinesische Unternehmen mit steigenden Lohnkosten und Konkurrenzdruck zu kämpfen haben.

Wohin aber verlegen die Unternehmen ihre Produktionsstätten? Jedenfalls nicht in die USA, so wie von Trump gewünscht. Unternehmen ziehen vor allen Dingen nach Südostasien, Indien und Taiwan. Insbesondere Vietnam profitiert sehr stark von den aktuellen Entwicklungen.

Ein Bereich sollte zurzeit im Rahmen des Handelskonflikts aber noch genauer betrachtet werden. Ab 2020 gilt in China das Sozialkreditsystem auch für Unternehmen. Aus der ständigen Bewertung verschiedener Geschäftsbereiche wird mithilfe von Big Data und KI-Technologien ein Ratingsystem erstellt. Verantwortlich für ein schlechtes Rating und somit Anlass für Sanktionen durch die chinesische Regierung sind sowohl firmeninterne Vorgänge, aber auch das Verhalten von Lieferanten und Geschäftspartnern, sowie von Vorständen und Managern. Die meisten der Daten sind frei verfügbar und somit keine unmittelbar sensiblen Daten. Die Art und Weise, wie die einzelnen Daten zentral zusammengeführt werden, abrufbar sind und mit einem unklaren Algorithmus bewertet werden, führt zu datenschutzrechtlichen Bedenken. Hinzu kommt, dass durch dieses System der Marktzugang erheblich eingeschränkt werden kann, was besonders im Hinblick auf einen eskalierenden US-amerikanischen und chinesischen Handelsstreit relevant werden könnte.

Auch wenn China für entwickelte Länder als Produktionsstandort unattraktiver wird, zieht es Unternehmen aus asiatischen, osteuropäischen, sowie Schwellenländern aus dem mittleren Osten verstärkt nach China. Und auch westliche Unternehmen bauen weiterhin Produktionsstätten auf und erweitern Kooperationen. Daimler kündigte beispielsweise an, die Produktion von Lkw der Marke Mercedes bald auch in China fertigen zu lassen. Andere US-Unternehmen, wie Tiffany oder Starbucks folgen den Konsumenten nach China und bauen Ihre Handelsfilialen aus. Zudem bemüht sich die chinesische Regierung darum, ausländische Unternehmen zu halten und bot Tesla für seine neue Produktionsstätte anscheinend vergünstigtes Bauland, sowie einen erleichterten Zugang zu günstigen Krediten an. Weitere Änderungen und Erleichterungen für ausländische Unternehmen entstehen durch die laufenden Anpassungen der Negativlisten, sowie der Implementierung des neuen Foreign Investment Law ab Januar 2020.

 

Mit Informationen von: Bloomberg, China-Briefing, Nikkei Asian Review, Forbes, Fortune, QIMA, Wirtschaftskammer Österreich, CNBC